Eine kleine Weihnachtsgeschichte, die ich geschrieben habe. Ich habe sie meinen Neffen vorgelesen und sie hat ihnen so gut gefallen, dass ich sie hier mit euch teilen möchte.
Der alte Bauernhof am Waldrand schien sich im Schneesturm zu ducken. Leonie und ihr kleiner Sohn Bert waren eingeschneit.
„Kann das Christkind zu uns kommen?“, fragte Bert am Abend besorgt. Seine Mutter lächelte. „Ich bin sicher, es tut sein Bestes.“
„Aber bleibt sein Schlitten nicht im Schnee stecken? Wie unser Auto.“
Seine Mutter deckte ihn gut zu. „Schlaf jetzt. Cleopatra grunzt für dich, damit du etwas Schönes träumst.“
Berts Vater war im April ausgezogen und auf eine lange Reise gegangen. Seit damals hatte Bert schlimme Albträume gehabt. Leonie war mit ihm auf den alten Bauernhof gezogen, den sie von einer Tante geerbt hatte. Hier fühlten sich beide wohler als in der Stadt.
Bert schlief auch wieder gut. Der Grund war Cleopatra, das dicke Schwein. Durch die dünne Holzwand konnte Bert sein Grunzen hören und das beruhigte ihn auf wundersame Weise.
Das erste Weihnachtsfest für Bert ohne Papa, dachte Leonie. Sie ging noch einmal in den angrenzenden Stall um nach den Tieren zu sehen. Alle waren alt und hätten geschlachtet werden sollen. Leonies Tante hatte sie gerettet und ihnen ein neues Zuhause gegeben.
Cleopatra, das Schwein mit nur einem Auge, lag zufrieden im Stroh. Fanny und Nanny, die Ziegen grüßten mit leisem Meckern. Flora, das Schaf, schmiegte sich an Fritz, den tauben Esel. Oliver, das Pferd, schnaubte genüsslich.
Leonie kehrte in die Stube zurück. Sie erschrak. Mitten im Zimmer stand ein Mädchen. Nass hingen blonde Locken, ein weißes Kleid und ein goldener Umhang an ihm herab.
„Ich bin das Christkind. Darf ich mich bei dir aufwärmen? Hättest du ein bisschen heißen Tee für mich. Und Heu für meine Hirsche.“
Leonie glaubte kein Wort, bis sie draußen den goldenen Schlitten stehen sah.
Die Hirsche bekamen einen warmen Platz im Stall und Heu. Für das Christkind kochte Leonie Tee. Dankbar wärmte es sich daran. Nach den ersten Schlucken, nieste es.
„In diesem entsetzlichen Wetter haben wir uns oft verfahren und einmal ist der Schlitten sogar gekippt.“
Die Verbindungstür zum Stall wurde aufgestoßen. Das Pferd streckte den Kopf ins Zimmer. „Wir helfen gerne, wenn du noch nicht alle Kinder besucht hast.“
Das Christkind bemerkte Leonies Verwunderung. „In der Weihnacht können gute Menschen die Sprache der Tiere verstehen“, erklärte es.
Neben Oliver erschien Fritz, der Esel. „Wir müssen alle zusammenhelfen, um den Schlitten zu ziehen.“
„Das wäre die Rettung“, sagte das Christkind und nieste wieder. Es lächelte Leonie an. „Könntest du mich bitte vertreten. Ich borge dir mein Kleid.“
Natürlich wollte Leonie helfen. Sie zog ihren dicken Skianzug an und darüber das weiße Kleid mit dem goldenen Umhang. Außerdem nahm sie ihren Sturzhelm mit. Das Christkind bekam Leonies Bademantel.
Als die Tiere den Stall verließen, wachte Bert auf. Er begann zu weinen, weil er Cleopatras Grunzen vermisste.
„Ich mache das schon“, versicherte das Christkind Leonie.
So kam es, dass in dieser Nacht der Schlitten des Christkinds gezogen wurde von einem Pferd, einem Esel, zwei Ziegen, einem Schaf und einem Schwein. Am Kutschbock saß ein Christkind, das einen Sturzhelm trug. Zur Sicherheit.
Als sie Schließlich wieder zum Bauernhof zurückkehrte, fand sie das Christkind an Berts Bett vor. Es grunzte immer wieder leise für ihn.
„Danke“, sagte es zu Leonie. „Berts Wunsch wird in Erfüllung gehen. Keine Sorge.“
Was meinte es damit? Auf einmal war das Zimmer von Licht erfüllt und Leonie schloss geblendet die Augen. Als sie wieder aufwachte, war draußen Tag.
„Kein Weihnachtsbaum. Keine Geschenke“, stellte Bert traurig fest.
Wenigstens hatte es zu stürmen und zu schneien aufgehört. Leonie fiel der seltsame Traum ein, dass sie das Christkind vertreten hätte.
Da klopfte es an die Tür. Draußen stand Leonies Mann.
„Papa!“, jubelte Bert.
Der Vater lächelte sehr verlegen. In einer Hand hielt er einen kleinen Weihnachtsbaum, in der anderen eine große Tasche, aus der Päckchen guckten.
„Darf ich reinkommen? Ich habe mich drei Stunden durch den Schnee gekämpft.“
„Bleibst du bei uns?“, fragte Bert vorsichtig. Sein Vater warf einen fragenden Blick zu Leonie. „Wenn ich darf? Ich würde schon gerne…“
Wenig später brannten die Kerzen auf dem Baum. Bert stand zwischen seinen Eltern und hielt beide an der Hand.
„Mein Wunsch ist in Erfüllung gegangen“, sagte Bert strahlend. Er meinte nicht die Eisenbahn, sondern die Rückkehr seines Vaters.
Als Bert am Abend im Bett lag, sagte er im Einschlafen: „Das Christkind kann fast so gut grunzen wie Cleopatra.“
Sein Vater warf Leonie einen fragenden Blick zu. „Was meint er denn damit?“
Leonie lächelte.
Sag mir deine Meinung